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“Ich bin nicht gut genug” – Wie meine Klientin sich aus dem Sog der Selbstzweifel befreite

  • Autorenbild: Nicole Neumüller
    Nicole Neumüller
  • 17. Juni
  • 3 Min. Lesezeit

Wenn Menschen zu mir ins Coaching kommen, sind sie oft sehr funktional – sie leisten viel, wirken nach außen souverän. Und doch tragen sie innerlich einen tiefen Zweifel mit sich: Bin ich gut genug?

Eine meiner Klientinnen – nennen wir sie Sophie – ist ein Beispiel dafür, wie tief Selbstabwertung wirken kann und wie befreiend es ist, sich davon zu lösen.

 

 

Die erste Sitzung: „Ich weiß nicht, was mit mir nicht stimmt“

 

Sophie war Mitte 30, beruflich erfolgreich, angesehen in ihrem Team. Und dennoch begann sie fast jedes Gespräch mit einem kritischen Blick auf sich selbst.

Sie sagte Dinge wie:

    •             „Ich kann nichts richtig machen.“

    •             „Ich bin ständig eine Enttäuschung.“

    •             „Wahrscheinlich nerve ich Sie gerade auch.“

 

Was mich besonders berührte: Sophie wusste, dass ihre Gedanken übertrieben waren – aber sie fühlte es trotzdem tief in sich. Und genau da liegt der Unterschied zwischen Denken und innerem Erleben.

 

 

Der Kern: Selbstwert als emotionale Erfahrung

 

Im Coaching arbeiten wir nicht nur an Überzeugungen im Kopf, sondern an der emotionalen Beziehung zu sich selbst.

Sophie hatte früh gelernt, dass sie Leistung bringen muss, um Anerkennung zu bekommen. Liebe war in ihrer Kindheit oft an Bedingungen geknüpft. Fehler? Unerwünscht. Gefühle? Schwäche.

Kein Wunder also, dass ihr innerer Kritiker zum ständigen Begleiter wurde.

 

 

Der Weg: Selbstmitgefühl statt Selbstoptimierung

 

In unserer gemeinsamen Arbeit konzentrierten wir uns auf vier Schritte:

 

1. Den inneren Kritiker erkennen – und entmachten

 

Wir gaben ihrer kritischen Stimme einen Namen: „Die Antreiberin“. Das half Sophie, sie zu beobachten, ohne sich mit ihr zu identifizieren.

Statt „Ich bin nicht gut genug“, lernte sie zu sagen: „Ah, da ist wieder meine Antreiberin – was braucht sie gerade?“

Sie lernte, die entwertenden Gedanken zu identifizieren und zu überprüfen. Dabei entdeckte sie mehr und mehr, dass diese Gedanken nicht der Wahrheit entsprachen.

 

2. Selbstmitgefühl üben

 

Klingt einfach, ist aber tiefgreifend. Sophie lernte, sich selbst mit der gleichen Wärme zu begegnen, die sie anderen gegenüber ganz selbstverständlich zeigte.

Ein einfacher Satz wurde ihr Anker:

 

„Ich darf Fehler machen und trotzdem wertvoll sein.“

 

3. Erfolge fühlen statt nur abhaken

 

Sophie war es gewohnt, sich nie lange mit Erfolgen aufzuhalten. „War ja nicht so schwer“, sagte sie oft.

Also integrierten wir ein tägliches Ritual: Drei Dinge aufschreiben, die sie gut gemacht hatte – und mindestens eine davon bewusst spüren. Stolz durfte Raum bekommen.

 

4. Grenzen setzen lernen

 

Ein unterschätztes Thema bei geringem Selbstwert: Grenzen. Sophie sagte oft Ja, obwohl sie Nein meinte – aus Angst, abgelehnt zu werden. Im Coaching übten wir kleine, aber klare Abgrenzungen. Und sie erlebte: Sie wurde nicht weniger gemocht. Im Gegenteil – sie wirkte präsenter, authentischer.

 

 

Der Wendepunkt: „Ich spüre mich wieder“

 

Nach einigen Wochen schrieb mir Sophie eine Nachricht, die ich nie vergessen werde:

 

„Zum ersten Mal seit Jahren habe ich das Gefühl, dass ich nicht ständig besser sein muss. Ich darf einfach da sein.“

 

Natürlich waren die Selbstzweifel nicht völlig verschwunden – aber sie hatten ihre Macht verloren. Sophie war nicht mehr ihr Opfer, sondern ihre eigene Verbündete geworden.

 

 

Fazit: Du musst dich nicht erst verbessern, um dich selbst anzunehmen

 

Was ich Sophie sagen konnte – und was ich auch Ihnen sagen möchte, wenn Sie sich in ihrer Geschichte wiedererkennen:

Dein Wert hängt nicht von deiner Leistung, deinem Aussehen oder deiner Anerkennung im Außen ab.

Du bist bereits gut genug – auch, wenn sich das manchmal nicht so anfühlt. Und genau da beginnt die wahre Veränderung: Nicht durch Selbstoptimierung, sondern durch echte Verbindung zu dir selbst.


Bild: RondellMelling by Pixabay

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